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Wann ist Legasthenie feststellbar?

Gast , 05.10.2002 11:30
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Gast

Unser Sohn ist gerade in die zweite Klasse gekommen. Sein Lesen hat sich - nach Unlust in der ersten Klasse - über die Sommerferien sprunghaft verbessert und er liest kleinere altersgerechte Bücher durchaus auch komplett als Gutenachtgeschichte (aus eigenem Antrieb).

Beim Schreiben sind uns - außer einem durchaus gemächlichen Tempo - bisher keine Symptome falscher Schreibung aufgefallen. Lediglich die - von der Schule aber für die erste Klasse durchaus als normal beschriebene - Lautschreibung nach der gehörten Buchstabenanordnung ist noch stark vertreten.
Die Schule bietet seit Beginn des jetzt gestarteten Schuljahres LRS-Förderung an. Eine Lehrerin hat dazu kürzlich ein Seminar besucht. Eine angeordnete Filterung der Kinder nach möglicher LRS hat nun ergeben, dass im ganzen Jahrgang der 2. Klasse (60 Kinder) angeblich 10 eine mögliche LRS haben. Unser Sohn ist dabei.

Wir haben den großen Verdacht, die Kinder werden "eingesammelt", um den Kurs voll zu bekommen. In diesem Zusammenhang vermuten wir eher, die Deutsch-Lehrerin vermag unser Kind mglw. nicht richtig einzuschätzen. Deshalb fragen wir uns zunächst, ab wann Legasthenie-Symptome überhaupt einigermaßen zuverlässig erkennbar sind. Unser Sohn ist vor 2 Monaten 7 Jahre alt geworden und in der 2. Klasse.

M. Baumhauer

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Gast

Eine Testung mit standardisierten Tests ist ab dem Ende das ersten Schuljahres möglich. Diese Tests sind so angelegt, dass sie ermitteln können, welche Rechtschreibfähigkeiten ihr Kind besitzt. Dabei wird jener Standard zu Grunde gelegt, den ein Erstklässler am Ende des ersten Schuljahres haben sollte. Bei diesem Test wird ihr Sohn wahrscheinlich so viele Fehler gemacht haben, dass er nicht mehr im Durchschnitt liegt. Natürlich ist ein Test am Ende des zweiten Schuljahres sicherlich, was eine genauere Diagnose einer Lese-Rechtschreib-Schwäche betrifft, durchaus aussagekräftiger.
Fakt ist jedoch, dass ihr Sohn, unabhängig von der tatsächlichen Fehlerzahl, in diesem Test Auffälligkeiten und nicht gesicherte Lese-Rechtschreibfähigkeiten zeigte. Nach unseren Erfahrungen geht es weniger darum, Gruppen voll zu bekommen und den Kindern einen Stempel aufzusetzen, nur damit sich die Lehrerin in irgend einer Weise profilieren kann. Vielmehr sollte es darum gehen, Kinder so früh wie möglich zu unterstützen, drohende und steigende Defizite gezielt zu erkennen und abzubauen. So bekommt die angebotene Förderung Ihres Sohnes eher einen präventiven Charakter, versuchen Sie es doch aus diesem Blickwinkel zu betrachten. Oder sind Sie der Auffassung, dass diese Förderung Ihrem Sohn wirklich in irgend einer Art und Weise schaden könnte? Was ist schlimm dabei, eine gezielte Förderung zu erhalten? Eher könnte ich auch behaupten zu genießen, und nicht, wie Sie es betrachten, "aufgedrückt" zu bekommen.
Viele Eltern melden sich tagtäglich bei uns und beschweren sich, dass die Schule nichts täte, ihre Kinder viel zu lange "mitgeschleppt" wurden und nun aus ihren Defiziten nicht mehr ohne große äußere Hilfe heraus kommen. Auch wir vertreten den Ansatz, dass so früh wie nur möglich eine Unterstützung lese-rechtschreib-schwacher Kinder von Nöten ist. Was in den ersten Jahren versäumt wird, kann nur mit einem deutlich höheren Aufwand später wieder annähernd korrigiert werden, wenn überhaupt. Durch Fortbildungen an Grund- und weiterführenden Schulen versuchen wir die Lehrer dazu zu sensibilisieren, "LRS-Kinder" zu erkennen und ihnen Unterstützung zu geben. Genau dies versucht nun die Lehrerin Ihres Sohnes in die Tat umzusetzen. Natürlich kann es immer wieder vorkommen, dass unter diesen möglichen "LRS-Kandidaten" auch Kinder fallen, die letztlich doch keiner Förderung bedürfen, sie also "falsch" diagnostiziert wurden. Solch ein Fall ist in Ihren Augen nun Ihr Sohn. Falls Sie der Lehrerin nicht vertrauen (die sich das Testergebnis übrigens ja auch nicht frei ausgedacht hat, oder?), so lassen Sie Ihren Sohn doch einfach bei einer "offiziellen" Stelle testen. Dort wird ein anderer Test gemacht, das Ergebnis ist topaktuell und schließt die in den Sommerferien gemachten Fortschritte Ihres Sohnes mit ein. Trotzdem möchten wir Sie nochmals drauf hinweisen, dass, egal welche zusätzliche Förderung eine Schule, eine Lehrerin anbietet, dies nicht als Stempel und Zeitvertreib bzw. Profilierung gesehen werden sollte. Auch wenn Ihr Sohn evtl. nicht förderbedürftig ist, so hilft dieses zusätzliche Angebot mitunter 9 anderen Kindern, die ohne diese Unterstützung eine deutlich schwerere Schullaufbahn vor sich hätten und deren Defizite positiv und bereits im Ansatz aufgefangen werden.

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Gast

Ich würde diesen Kurs auch eher als Chance sehen denn als Stempel.
Es gibt Tests, die nicht die Rechtschreibleistungen abfragen, sondern die Grundfertigkeiten untersuchen, die beim Erlernen von Schreiben und Lesen von großer Bedeutung sind. Hat ein Kind z. B. feinmotorische Probleme bedeutet das nicht unbedingt, welche weitern Schrierigkeiten sich daraus ergeben und ob es überhaupt welche geben wird. Es kann aber sicher kein Schaden sein, die Fähigkeiten auf diesem Gebiet zu verbessern.
Vielleicht ist ja ein Gespräch mit der Lehrerin sinnvoll. Vielleicht kann sie erklären, wieso sie ihr Kind als "gefährdet" einschätzt.

MfG
Ursa

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Kurz vorgestellt

Unsere LRS-Beratungsstelle wurde 1989 als Arbeitsgruppe der sprachwissenschaftlichen Abteilung des Germanistischen Instituts der RWTH Aachen gegründet.


Seit 1994 ist sie beim Amtsgericht Aachen als gemeinnütziger Verein registriert und seit 1995 vom Jugendamt der Stadt Aachen offiziell als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt.

Unsere Angebote

  • Umfassende LRS-Diagnostik
  • Ausführliche Beratung
  • Individuelle Förderung
  • Förderung nach KJHG §35a
  • Regelmäßige Förderdiagnostik
  • Außenstellen im Dreiländereck
  • Kooperationen mit vielen Schulen
  • Online-Diagnostik
  • Ergänzende Lernspielsoftware

 

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