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Kurz vorgestellt
Unsere LRS-Beratungsstelle wurde 1989 als Arbeitsgruppe der sprachwissenschaftlichen Abteilung des Germanistischen Instituts der RWTH Aachen gegründet.
Seit 1994 ist sie beim Amtsgericht Aachen als gemeinnütziger Verein registriert und seit 1995 vom Jugendamt der Stadt Aachen offiziell als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt.
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Wer soviel so genau beobachtet und erkannt hat wie Du hier berichtest, Peter, der braucht nicht "hilflos dem Problem gegenüberstehen".
Eure Tochter ist zweifelsohne eine Genie.
Meine erste Klasse als junger Lehrer war eine 4 b. Martin hatte immer in Deutsch eine 6 gehabt, war einmal deswegen sitzengeblieben. Im Diktat bekam er einen Lückentext, bei Aufsatz ließ man ihn was aus dem Lesebuch abschreiben. Bei mir schrieb er das ganze Diktat und den Aufsatz auch. Von den 2 1/2 Seiten verstand ich etwa 10 Wörter. Ich bat ihn, mir die Geschichte vorzulesen; er las mir die 2 1/2 Seiten flüssig vor - eine starke Geschichte. Und dafür immer die 6 und Sitzenbleiben und weiter einüben, dass man es nicht kann und nie können wird??? Wer konnte denn da nicht?
Ich hielt Martin eine fröhliche Standpauke: "Wer so tolle Geschichten schreiben kann, der kann doch auch richtig schreiben! ......" Martin bereitete die nächste Nachschrift nun nicht als Versager vor sondern als KÖNNER. Er hatte nicht mehr, wie sonst, über 50 Fehler sondern gar keinen. Und bei der nächsten Nachschrift wieder.
30 Jahre später habe ich ihn beim Klassentreffen wiedergetroffen. Deutsch sei nach wie vor nicht Seins, meint er, und ich erfuhr, dass es nach der 4.Klasse bei ihm ähnlich weitergegangen war wie davor. Ich entgegnete: "Du hast mir bewiesen, dass Du ein Genie bist, und ich werde nie im Leben was anderes sagen. Ob Du davon Gebrauch machst, das ist Deine Sache." Und dann habe ich ihm noch gesagt, dass es seine Kinder genauso nachmachen, wie er es ihnen vorlebt.
Deine Tochter ist tatsächlich mit einer EIGENEN BEGABUNG auf diese Welt gekommen. Eine Begabung, mit der sie wunderbar SPIELEN kann, aber offensichtlich nur schwer Mitspieler findet. Als Ich-kann-Schule-Lehrer würde ich sofort die Rollen mit ihr tauschen und sie bitten, mich ihr Spiel zu lehren. Das ist eine ehrliche Basis dafür, dass ich sie auf mein Spiel neugiertig machen kann.
Ich gebe ihr zuerst einmal DIE HAUPTROLLE IN IHREM LEBEN undbehalte sie ihr nicht dauernd vor.
Dann biete ich ihr einen Starvertrag in meinem Leben: Ich bewundere die Könnerin ihres Lebens wie sie in meinem Leben eine Glanzrolle spielt.
Nun schau Dir mal an, was sie in Deinem Stück oder in der Schule für eine Rolle spielen soll. Würdest Du freiwillig als Spieler für so etwas den Vertrag unterzeichnen?
Reduziert Ihr nicht ihr WESEN und ihr KÖNNEN auf das, wieweit sie sich unterwirft und ins allgemeine Schema einfügt? Leben ist nicht Unterwerfen und Einfügen, Leben ist WACHSEN. Das Kind stellt in seinem Lebensspiel eine ORIGINALE AUFGABE, die verlangt, dass man sicher selber ORIGINAL entwickelt. Wenn wir stattdessen die Originalität in eine perfekt vorkonsztruierte, tote Schablone drängen, verliert nicht nur das Kind seine originale Entwicklung sondern auch wir alle. Hier liegt eine große Chance.
Wenn Du dieselbe Übung als Wachstumsangebot machst, bekommst Du die entgegengesetzte Wirkung.
Und wenn Du über die und mit den Talenten Deiner Tochter in Hochachtung sprichst, dann kannst Du mit ihnen auch neue, gute Geschäfte machen durch gute Angebote, die ZIEHEN.
Du hast m.E. ganz gut erkannt, dass Probleme zwar als SACHprobleme ERSCHEINEN, dass sie aber stets MENSCHLICHE Probleme SIND. Die Diagnose - Dieses griech. Wort heißt auf Deutsch "Durchblick" - wo soll der da sein? - geht daran völlig vorbei. Stärke also das in Deinem Kind, was wachsen soll, dann werdet Ihr nicht nur über dieses Problem hinauswachsen.
Ich freue mich auf Euren Erfolg.
Franz Josef Neffe